Neuregelung des Grunderwerbsteuergesetzes.
Liebe Geschäftspartner und Freunde unserer Kanzlei,
das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat gestern einen ersten Referentenentwurf über die lange erwartete Neuregelung des Grunderwerbsteuergesetzes vorgelegt. Der Entwurf findet sich in dem Entwurf eines sog. „Containergesetzes“, mit dem auch zahlreiche weitere steuerliche Regelungen außerhalb des Grunderwerbsteuergesetzes geändert werden, nämlich dem „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“.
Primäres Ziel der Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes ist die Erschwerung von Share-Deals.
Bei den gesetzlichen Neuregelungen ist zwischen der Tatbestandsseite und den Übergangsregelungen zu unterscheiden.
1. Tatbestandsebene
Auf der Tatbestandsebene, die die Trennlinie zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Share-Deals definiert, wird künftig wie folgt differenziert:
• Die bisherigen 5-Jahresfristen werden durchgängig von 5 Jahren auf 10 Jahre verlängert. Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als es um den Erwerb des 5,1%igen (künftig 10,1%igen) Restanteils des Verkäufers von KG-Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft geht: Um einen zeitlich gestreckten Erwerb von Anteilen zu erschweren, soll diese Restbeteiligung künftig nicht bereits nach 5 Jahren, sondern sogar erst nach einer Vorbehaltensfrist von 15 Jahren zu 94,9% bzw. – künftig – 89,9% grunderwerbsteuerfrei erworben werden können.
• Die bisherige 95%-Grenze wird durchgängig auf 90% reduziert.
• Für Kapitalgesellschaften wird (im Wesentlichen „copy & paste“) ein Paralleltatbestand zu § 1 Abs. 2a GrEStG eingeführt (neuer § 1 Abs. 2b GrEStG). Auch bei Kapitalgesellschaften ist es daher künftig erforderlich, dass ein Altgesellschafter zu mehr als 10% für einen Zeitraum von wenigstens 10 Jahren an der Zielgesellschaft beteiligt bleibt.
Diese Änderungen waren im Wesentlichen zu erwarten. Die einzige Überraschung besteht vielleicht darin, dass es erst nach Ablauf einer Vorbesitzzeit von 15 Jahren zulässig sein soll, den 5,1%igen (künftig 10,1%igen) Restanteil des Verkäufers an einer grundbesitzenden Personengesellschaft an sich zu ziehen. Die Verlängerung der Vorbesitzzeit von 5 auf 15 Jahre soll auch für Call-Optionen und Kündigungsrechte gelten, die noch unter der Geltung des alten Rechts abgeschlossen wurden, es sei denn, die bisher geltende 5 Jahresfrist war bereits vor 2020 abgelaufen.
Die in der Vergangenheit abgeschlossenen Share-Deals für 94,9% der Kommanditanteile an einer GmbH & Co. KG verbunden mit einer Regelung zum Erwerb der restlichen 5,1% nach Ablauf von fünf Jahren müssen also möglicher Weise angepasst werden. Wir haben dazu bereits erste Ideen entwickelt, die wir gerne mit Ihnen diskutieren.
2. Übergangsregelungen
Eine deutliche Erleichterung gegenüber den bisherigen Verlautbarungen der Finanzminister findet sich jedoch in den Übergangsvorschriften: Anders als befürchtet soll das neue Gesetz nicht rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 Anwendung finden (was u.E. verfassungsrechtlich ohnehin unzulässig gewesen wäre), sondern erst ab 2020! Das Gerede einer rückwirkenden Anwendung war daher, wie wir bereits vermutet haben, nichts anderes als eine „Nebelbombe“, die darauf zielte, schon vor der gesetzlichen Neuregelung Sand ins Getriebe zu streuen (was vielfach auch funktioniert hat). Von der grundsätzlichen Anwendung des neuen Grunderwerbsteuergesetzes ab 2020 gibt es allerdings einige Ausnahmen:
• Anteilsübertragungen auf Gesellschafter, die bereits vor 2020 Altgesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft waren (z.B. weil sie bereits seit mehr als 5 Jahren oder Gründungsgesellschafter sind), sind unschädlich. Wer also bereits Ende Dezember 2019 Altgesellschafter war, für den gilt die künftige 10-Jahresfrist nicht. Eine Ausnahme gilt nur für (un)mittelbar an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaften. Soweit bei diesen – auch in der Vergangenheit – Gesellschafterwechsel von 90% oder mehr stattfinden, gelten sie auch rückwirkend betrachtet als Neugesellschafter.
• Bei Share-Deals über Zielgesellschaften in der Rechtsform der Personengesellschaft muss das Closing nicht zwingend noch in 2019 erfolgen. Es reicht aus, wenn das Signing vor Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag (Datum steht noch nicht fest) erfolgt und das Closing erst innerhalb einer Karenzfrist von 12 Monaten, gerechnet ab Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag.
• Entsprechendes gilt für Zielgesellschaften in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft: Auch hier soll es unschädlich sein, wenn das Closing erst innerhalb einer Karenzfrist von einem Jahr nach Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag erfolgt, sofern der Anteilskaufvertrag vor Einbringung des Gesetzesentwurfs in den Bundestag beurkundet wurde.
Diese Übergangsregelungen sind weitgehend vernünftig und sorgen für erhebliche Erleichterung. Sie führen dazu, dass in diesem Jahr vermutlich noch einmal ein „Share-Deal-Turbo“ einsetzt, um größere Transaktionen rechtzeitig über die Ziellinie zu bringen.
Problematisch ist allerdings, dass die Karenzfrist von einem Jahr (Signing vor dem Tag der Einbringung in den Bundestag und Closing innerhalb der sich hieran anschließenden 12 Monate) nur dann gilt, wenn das Signing innerhalb der letzten 12 Monate vor Einbringung in den Bundestag erfolgt ist. Sog. „Forward-Deals“, z.B. bei Developments, die bereits vor mehr als einem Jahr abgeschlossen wurden, sind daher nicht vor der einjährigen Karenzfrist umfasst und müssen zwingend noch in 2019 vollzogen werden!
Ausgesprochen unbefriedigend ist auch die Übergangsregelung in Bezug auf Restanteile des Verkäufers an einer grundbesitzenden Personengesellschaft: Hier können die in der Vergangenheit üblichen Call-Put-Optionen, die nach Ablauf der bisherigen 5-Jahresfrist ausgeübt werden können, dazu führen, dass ab 2020 Grunderwerbsteuer ausgelöst wird, obwohl die Übertragung des 94,9%-Anteils bereits vor Jahren vollzogen wurde. Die künftige 15-Jahresfrist soll nach dem derzeitigen Entwurf nämlich nur dann keine Anwendung finden, wenn die bisherige 5-Jahresfrist bereits vor dem 1. Januar 2020 abgelaufen war, was in vielen Fällen nicht der Fall ist. Auch an dieser Stelle sollte der Gesetzgeber noch einmal nachbessern.
Für Rückfragen und weitere Diskussionen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Unsere Ansprechpartner rund um das Thema „Grunderwerbsteueroptimierung“ sind Dr. Oliver Mensching und Reemt Pottmann.
Ihr JM-Team